Algenschleim an der Adria: Ärgernis für Italien-Urlauber und Anwohner

Algenschleim klingt schon nicht gut. Der glibbrige Schaum kann einem zudem das Bad im Meer arg vermiesen. Die Hoteliers in Rimini und Co. hoffen, dass die Plage bald vorbei ist. Und nicht nur sie.

Veröffentlicht: - Redaktion - Quelle: dpa
Algenschleim an der Adria: Ärgernis für Italien-Urlauber und Anwohner
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Brauner Algenschleim wird derzeit an der Adria zum Ärgernis.

Die Adria, das Stück Mittelmeer zwischen Italien und dem ehemaligen Jugoslawien sowie Albanien, ist im Allgemeinen eher ein friedliches Gewässer, vor allem im Vergleich zu den oft stürmischen Atlantik und Pazifik. Doch derzeit braucht es an einigen Stellen der Adria viel Überwindung, um ins Wasser zu gehen. Der Grund dafür sind nicht die Wellen, sondern Algenschleim.

Glitschiger Schaum an Stränden in Italien, Kroatien und Slowenien

Dieses Jahr treibt an verschiedenen Stränden in Italien, Kroatien und Slowenien ein glitschiger Schaum an der Oberfläche. Mal mehr, mal weniger dick und durchsetzt mit kleinen Bläschen, erstreckt sich der Schleim manchmal nur in kleineren Flecken, manchmal aber auch als dichter Teppich.

Die Farbe variiert von Weiß über Gelb bis hin zu einem kaffeebraunen Ton. Laut Wissenschaft gefährdet der Schleim die Gesundheit nicht und ist auch nicht giftig.

Unter anderem Ravenna, Rimini und Ancona betroffen

Die Plage begann vor einigen Wochen im Norden im Golf von Triest und hat inzwischen auch Städte wie Ravenna, Rimini und Ancona erreicht. Am Stadtstrand von Ancona ergab eine Umfrage von Italiens öffentlich-rechtlichem Fernsehsender RAI, dass man zwar ins Wasser gehen kann, sich danach aber unbedingt duschen sollte.

Ein Einheimischer beschrieb es als "klebrig", während andere von einem Kribbeln auf der Haut berichteten.

Algenschleim schon früher in Italien ein Problem

Mit Algenschleim, auch "Meeresrotz" genannt, haben die Menschen in der Region schon Erfahrungen gemacht. Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre verdarb die "Mucillagine", wie sie auf Italienisch heißt, das Sommergeschäft mehrere Jahre hintereinander.

Auch 2006/07 war das Problem groß. Bisher war der Schleim jedoch nach einigen Tagen oder Wochen wieder verschwunden. Jetzt, in der Hauptsaison, sind die Sorgen besonders groß, da der Tourismus stark darunter leidet.

Das Phänomen ist jedoch viel älter als der Massentourismus. Bereits 1697 bemerkte der Zisterziensermönch Paolo Boccone "Reste von verflochtenen und verwobenen Fasern, bedeckt mit Schleim" an den Stränden vor Venedig. In der Fachliteratur gibt es dafür seit anderthalb Jahrhunderten den Begriff "mare sporco" ("schmutziges Meer").

Auf alten Fotos aus der Anfangszeit des Tourismus sind Männer in Badeanzügen und Frauen mit Hut und Schirm zu sehen, die sich aufgrund des Gestanks die Nase zuhalten.

Keine endgültige Erklärung für den Schleim in der Adria

Bis heute gibt es keine endgültige Erklärung für den Schleim in der Adria. Vermutet wird, dass besonders heiße Sommer und hohe Wassertemperaturen in dem verhältnismäßig kleinen Meer das Wachstum begünstigen. Der Klimawandel könnte also eine Rolle spielen.

Der Meeresbiologe Roberto Danovaro von der Universität Ancona sagte der Tageszeitung "La Repubblica": "Die Adria ist ein tropisches Meer geworden. Wir sind jetzt auf dem Niveau der Malediven, nur ohne die tropische Farbe."

30 Grad Wassertemperatur gemessen

Vor einigen Tagen wurden tatsächlich 30 Grad Wassertemperatur gemessen, fast wie in einer Badewanne. Dann vermehren sich manche Algenarten besonders gut. Vermutet wird auch, dass der viele Regen dieses Frühjahr ungewöhnlich viel Wasser ins Meer gespült hat, was zur Algenblüte beiträgt.

Sicher ist, dass Italiens längster Fluss, der Po, enorme Mengen Düngemittel, Pestizide und Fäkalien aus der Landwirtschaft in die Adria spült. "Wenn alle diese Faktoren zusammenkommen, können aus einigen Hundert Algen innerhalb weniger Tage Hunderte Millionen werden," sagt Danovaro.

Tourismus und Fischerei leiden besonders

Neben dem Tourismus leidet auch die Fischerei besonders unter dem Schleim. Manche kleinere Boote können wegen des Schleims nicht mehr aufs offene Meer hinaus, weil die Schiffsschrauben blockieren. Wenn es doch geht, müssen mechanische Teile oft in mühevoller Arbeit vom Schleim gereinigt werden, und es gibt immer wieder Schäden an den Netzen. Der Branchenverband Fedagripesca forderte deshalb diese Woche Hilfe vom Staat und die Einsetzung einer Expertenkommission.

Trotz der Klagen ist Meeresbiologe Danovaro optimistisch: Alles in allem sei die Adria heute weniger verschmutzt als noch vor 40 Jahren. Zudem haben Forscher festgestellt, dass der Algenschleim derzeit an vielen Stellen quasi schmilzt und sich in weiße Flocken auflöst - ein Zeichen, dass Bakterien im Meer dabei sind, ihn zu zersetzen. Vielleicht sogar noch, bevor die große Menge der Urlauber kommt.

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