Kältewelle in den USA endet abrupt - mindestens 60 Todesopfer
Die USA wurde von einer historischen Kältewelle heimgesucht. Landesweit versuchten Menschen sich vor lebensbedrohlichem Frost zu schützen. Aber nicht jedem gelang dies rechtzeitig.
Sturmtief ELLIOTT sorgte am Weihnachtswochenende in weiten Teilen der USA für katastrophale Zustände. Extreme Kälte, heftige Schneefälle und Eiswind führten zu Stromausfällen in mehr als 1,6 Millionen US-Haushalten, wie die Webseite PowerOutage am Samstag zeigte. In Denver im US-Bundesstaat Colorado seien die Temperaturen beim Durchzug der arktischen Kaltfront innerhalb von 24 Stunden um rund 40 Grad gefallen.
Nun schnellen die Temperaturen auf einmal wieder in die Höhe bis in den zweistelligen Plus-Bereich. In Denver, wo zuvor noch -27 Grad gemessen wurden, sind am Dienstag (27.12.2022) wieder bis zu zwölf Grad möglich.
Todesopfer
Der Sender NBC berichtete unter Berufung auf eine eigene Zählung von sogar 41 Todesopfern, der Sender ABC von mindestens 39. Nach Informationen von KameraOne liege die Zahl der Toten bereits bei 60. Rettungskräfte und Behördenvertreter rechnen aber mit einer weiter steigenden Zahl an Opfern.
Allein im Bundesstaat New York starben 28 Menschen. Mehr Infos dazu bekommst du im Video am Anfang des Artikels.
Ein 27-jähriger Mann starb an einer Kohlenmonoxid-Vergiftung, weitere Todesfälle ereigneten sich, nachdem Anwohner trotz örtlichen Fahrverbots auf die Straße gingen.
Quelle: dpa/Fatih Aktas
"Sturm wird in die Geschichte eingehen"
Die Menschen seien draußen und in ihren Autos gefunden wurden, hieß es in einer Erklärung der Polizei von Buffalo.
Viele Rettungsteams fanden sich plötzlich selbst in einer lebensbedrohlichen Lage wieder. Wie die Nachrichtenseite The Guardian berichtet, mussten elf verlorengegangene Krankenwägen ausgegraben werden.
"Rettungsteams mussten Retter retten – es war so schrecklich", sagte der Bezirksleiter von Erie County. Zwei Menschen starben in ihren Häusern in Cheektowaga, einem Vorort von Buffalo.
"Es ist ein Krieg mit Mutter Natur", sagte die Gouverneurin von New York, Kathy Hochul, während einer Pressekonferenz. "Dies wird in die Geschichte eingehen als der verheerendste Sturm in Buffalo".
"Bombenzyklon"
Der Wetterdienst hatte zuvor vor einem "historischen" Wintersturm gewarnt. Das Sturmtief werde extreme Kälte, heftige Schneefälle und Eiswind bringen. US-Medien warnten unter Berufung auf Wetterexpert:innen vor der möglichen Entstehung eines "Bombenzyklons".
Bei diesem Sturm handelt es sich für Meteorolog:innen um das Wetterphänomen einer "Bombogenese". Das beschreibt die rapide Verstärkung eines Tiefs, laut US-Wetterbehörde NOAA liegt das am Aufeinanderprallen sehr kalter mit warmen Luftmassen. Für die Entladung wählen manche Meteorolog:innen das Bild einer Bombe oder eines "Bombenzyklons".
In den Bundesstaaten Montana, South Dakota und Wyoming seien bereits Werte um minus 45 Grad Celsius gemessen worden. "Dies ist nicht wie ein Schneetag aus Kinderzeiten", warnte Präsident Joe Biden.
Flughäfen lahm gelegt
Eis und Schnee brachten die Pläne vieler Reisenden durcheinander: Mehr als 5000 Flüge wurden nach Angaben der Flugdaten-Webseite FlightAware am Freitag gestrichen, fast 9000 waren verspätet.
Vor allem Passagiere im Norden, rund um die großen Seen, mussten Reisen absagen. Aufgrund der Bedingungen konnten viele Maschinen nicht starten. Die Flughäfen in Chicago und Detroit gehören zu den wichtigsten Drehkreuzen des Landes.
Viele Obdachlose erfroren
Für viele Menschen, die kein Zuhause haben, bestand Lebensgefahr. Überall versuchten Helfer, Obdachlose vor der Kälte zu retten. So bereite sich beispielsweise eine Kirchenmission in Augusta, im US-Bundesstaat Georgia, laut "New York Times" auf einen Ansturm vor.
"In einer normalen Nacht geht es vielleicht nicht um Leben und Tod", sagte der Missionsleiter, "aber jetzt schon".
Geografie begünstigt diese Wetterlage
Wie kann es zu so einem heftigen Wintersturm kommen? Unser wetter.com-Meteorologe Ronald Porschke erklärt die Wetterlage: "Während wir in einer milden Südwestströmung liegen, findet über Nordamerika die Gegenbewegung in der Atmosphäre statt, die Luft kommt aus Norden und breitet sich bis zum Golf von Mexiko aus. In der Atmosphäre hängt ja alles zusammen."
Hierbei handelt es sich um eine absolute Seltenheit, weswegen auch von einem "historischen" Wintersturm gesprochen wird. Auch Porschke sagt, dass eine solche Wetterlage in diesem Ausmaß eine Besonderheit sei.
"Die Geografie der Gebirge ist für solche Kaltluftausbrüche in Nordamerika aber auch bestens gemacht: Die Kaltluft kann ohne Gebirge quasi vom Nordpol bis zum Golf von Mexiko strömen/fließen. Bei uns in Europa sind die Gebirge dagegen von Ost bis West ausgerichtet (Alpen, Pyrenäen, Balkan, etc.), was dazu führt, dass bei uns solche Kaltluftausbrüche von Nord nach Süd behindert werden."
Auch unser wetter.com-Meteorologe Georg Haas ist von den Temperaturunterschieden beeindruckt, die durch die Geografie begünstigt werden: "Riesige Temperaturunterschiede sind der Motor für die explosive Tiefdruckentwicklung. Frost von unter -50 Grad in einigen Regionen Kanadas standen am Donnerstag fast 30 Grad in Florida gegenüber. An der kalten Rückseite des Tiefs steht dem eisigen Nordwind aus der Arktis kein Gebirge im Weg, sodass die Kaltluft ungehindert nach Süden fluten kann mit einer Kaltfront, die ihrem Namen mit einem gigantischem Temperatursturz mehr als gerecht wird."
Hier sind die Höchsttemperaturen und Tiefsttemperaturen an Heiligabend zu sehen.
Leichte Wetterberuhigung
Am Sonntag beruhigte sich der Sturm in den meisten Bundesstaaten etwas. Nach Angaben des US-Wetterdienstes verlagerte sich das Zentrum der arktischen Kaltfront Richtung Norden und wanderte in den Osten Kanadas. In der Region um die Großen Seen gab es weiterhin starke Schneefälle und eisigen Wind.
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