Hitze in Europa: Mehr als 60.000 Todesfälle im Sommer 2022
Mehr als 60.000 hitzebezogene Todesfälle hat es im Sommer 2022 in Europa Berechnungen zufolge gegeben. Deutschland fällt dabei in der Statistik überraschend auf.
Gerade vorbelasteten oder älteren Menschen kann Hitze schwer zu schaffen machen, bis hin zu einem vorzeitigen Tod. Im bisher wärmsten erfassten Sommer Europas, dem Sommer im vergangenen Jahr 2022, gab es zigtausende solcher Sterbefälle, hat ein Forschungsteam errechnet. Insgesamt wurden mehr als 60.000 hitzebezogene Todesfälle in Europa registriert.
Die Gruppe um Joan Ballester vom Barcelona Institute for Global Health (ISGlobal) hatte die Werte über Datenanalysen und Computermodelle ermittelt. Und Deutschland fiel in der Statistik überraschend auf.
Deutschland hatte im Sommer 2022 die drittmeisten Hitzeopfer
Deutschland hatte mit 8173 Toten die drittmeisten Hitzeopfer zu beklagen, nach Italien (18.010 Tote) und Spanien (11.324 Tote), wie ein Forschungsteam im Fachmagazin "Nature Medicine" berichtet.
Auf die Einwohnerzahl gerechnet waren es hierzulande 98 Hitzetote pro eine Million Einwohner, damit steht Deutschland unter 35 europäischen Staaten auf Rang 13.
Hitze als Todesgrund nicht leicht ermittelbar
Die Berechnung ist allerdings nicht leicht. Denn hitzebezogene Todesfälle sind nicht ganz einfach zu erfassen. Hitze als direkte Todesursache, etwa bei einem Hitzschlag oder einem Sonnenstich, wird eher selten angegeben - hierzulande in durchschnittlich nur 19 Fällen pro Jahr, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) kürzlich mitteilte.
Deshalb sind Mediziner:innen und Statistiker:innen auf die Auswertung von Todesfällen und den Vergleich zwischen heißen und weniger heißen Sommern angewiesen. Sterben in Wochen mit hohen Temperaturen mehr Menschen als in vergleichbaren Wochen in anderen Jahren, dann wird diese Übersterblichkeit als hitzebezogen angenommen.
Zwar sind die meisten Hitzetoten an einer Vorerkrankung gestorben, doch die Hitze hat den Körper zusätzlich belastet.
Erderwärmung steht in Bezug zu Zahl der Hitzetoten
Der Analyse zufolge lagen die Temperaturen in Europa im Juni 2022 zwischen 0,78 und 2,33 Grad, im Juli zwischen 0,18 und 3,56 Grad und im August zwischen 0,91 und 2,67 Grad höher als die Basistemperaturen.
Die höchsten Temperaturabweichungen gab es in Spanien und Südfrankreich. Spanien gehört mit 237 Hitzetoten pro eine Million Einwohner zu den am stärksten betroffenen Ländern, neben Italien (295), Griechenland (280) und Portugal (211).
Frankreich verzeichnete die höchste Zahl hitzebezogener Todesfälle bei Menschen im Alter bis zu 64 Jahren (1007). Insgesamt lag Frankreich mit 73 Hitzetoten pro eine Million Einwohner eher im europäischen Mittelfeld.
Wo diese Daten verfügbar waren, ordneten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die hitzebezogenen Todesfälle Altersklassen zu.
Im Sommer 2022 starben demnach 4822 Menschen im Alter von bis zu 64 Jahren durch Hitze, 9226 im Alter von 65 bis 79 Jahren und 36.848 im Alter von 80 oder mehr Jahren. Das bestätigt, dass Hitze für ältere Menschen ein besonders großes Risiko darstellt.
Riesen Datenbank ermöglicht Berechnungen
Ballester und Kolleg:innen stützen sich bei ihrer Analyse auf eine große Datenbasis: Auf mehr als 45 Millionen Todesfälle zwischen Januar 2015 und November 2022 aus 823 zusammenhängenden Regionen, die über 543 Millionen Europäer in 35 Ländern repräsentieren.
Die Daten stammen vom Statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat), ergänzt um Daten nationaler Statistikbehörden.
Die Anzahl der Todesfälle setzten die Forscher:innen in Beziehung zu Temperaturanomalien, die als Unterschied zwischen gemessenen Temperaturen und Basistemperaturen definiert wurden. Die Basistemperaturen sind dabei Mittelwerte aus dem Referenzzeitraum 1991 bis 2020.
Politik ist gefordert
Die Studienautor:innen fordern Politikerinnen und Politiker zum Handeln auf: "Angesichts des Ausmaßes der hitzebedingten Sterblichkeit auf dem Kontinent mahnen unsere Ergebnisse eine Neubewertung und Stärkung von Hitzeüberwachungs-Plattformen, Präventionsplänen und langfristigen Anpassungsstrategien an."
Sollten Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel ausbleiben, erwarten die Wissenschaftler:innen eine mittlere hitzebezogene Sterblichkeitsbelastung von etwa 68.000 Todesfällen pro Sommer bis zum Jahr 2030, mehr als 94.000 Todesfällen bis 2040 und deutlich über 120.000 Todesfällen bis 2050.
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