Klimawandel wird Pollenallergien in die Höhe schnellen lassen
Juckende Augen, laufende Nase und eine gereizte Kehle: Pollenallergien werden zunehmend zum Problem. Und durch den Klimawandel wird es immer mehr Allergiker:innen geben.
Im Jahr 2050 wird jeder zweite Deutsche in Europa an einer Allergie leiden. Das schätzt die Europäische Akademie für Allergie und Klinische Immunologie. Grund dafür ist der Klimawandel. Denn dieser schadet nicht nur unserer Umwelt, sondern auch maßgeblich unserer Gesundheit.
Bereits jetzt leiden der Akademie zufolge 30 Prozent der Kinder in Deutschland an Allergien. Und die Tendenz ist steigend. Ein Problem wird dabei besonders prominent: die Pollen.
Klimawandel befördert Allergien
"Wir beobachten, dass der Klimawandel Allergien befördert", erklärt die Umweltmedizinerin und stellvertretende Direktorin des Zentrums für Klimaresilienz der Universität Augsburg, Claudia Traidl-Hoffmann, gegenüber der Tagesschau.
Warum Pollengeplagte in diesem Jahr besonders litten.
Was Pflanzen mit der Pollen-Entwicklung zu tun haben
Durch die höheren Temperaturen produzieren viele Pflanzen mehr Pollen. Das ist ein Schutzmechanismus der Pflanzen, um sich in Dürreperioden vor dem Aussterben zu bewahren. Und mehr Pollen bedeutet mehr Allergene und damit auch mehr Allergien.
Gleichzeitig ist auch CO2, das wir in viel zu hohen Mengen ausstoßen, ein Wachstumsfaktor für Pflanzen. Der Klimawandel wirkt also direkt auf die Ökosysteme.
Tipps und Hausmittel gegen Heuschnupfen erklären wir dir im Video oben.
Pollensaison wird immer länger
Die Medizinerin Claudia Traidl-Hoffmann erwartet, dass künftig mehr Pollen fliegen als bisher. Und auch der Zeitraum, in dem Pollenalarm herrscht, weitet sich aus.
Wenn es im Winter mild ist, blüht die Haselnuss teilweise schon ab Dezember, statt wie früher ab Februar oder März, berichtet der NDR. Zudem verlängern eingewanderte Pflanzen, wie die Ambrosia, die Pollensaison zusätzlich. Pollen können dann bis in den Oktober fliegen.
Das bedeutet Dauerstress für den Körper von Allergiker:innen. Denn in einem Jahr verbleiben so nur noch zwei bis drei Monate, wo keine Pollen fliegen.
Wann genau welche Pollen fliegen, verrät unser Pollen-Kalender.
Pollen werden aggressiver
Zudem rechnet Traidl-Hoffmann mit aggressiveren Pollen, die das Allergien auslösende Eiweiß leichter freisetzen können. Ein Laborversuch zeigt, wie sich das Problem durch den Klimawandel verstärkt.
In Pflanzenkammern am Helmholtz-Institut versetzten Forscher:innen allergene Pflanzen in Stresssituationen, indem etwa Hitze oder Trockenheit simuliert wurde. Das Ergebnis: Die unter Stress gestandenen Pollen trugen andere Eiweiße als Pollen von ungestressten Pflanzen, berichtet der NDR.
Unter Stress fahren die Pflanzen ihr Immunsystem hoch und produzieren spezielle Eiweiße, die sie vor den negativen Umwelteinflüssen schützen sollen. Doch genau auf diese Eiweiße reagieren Menschen mit einer Pollenallergie besonders stark.
Und sogar ganz neue Pollenarten, wie das Traubenkraut, das für starke Asthma-Attacken sorgen kann, können künftig auftreten, befürchtet die Umweltmedizinerin.
Auch Gräser haben immer mehr Allergengehalt
"Bei den Gräsern ist es auch so, dass der Gehalt an Allergenen in den Gräsern zugenommen hat. Wir müssen leider damit rechnen, dass noch mehr Patienten an Grasallergien erkranken", erklärt Prof. Dr. Carsten Schmidt-Weber vom Zentrum für Allergie und Umwelt am Helmholtz-Zentrum München dem Bayerischen Rundfunk.
Auch hier verändert der Pollen durch Stresssituationen wie Trockenheit seinen Allergengehalt, so Schmidt-Weber.
Wie Betroffene leiden
"Man hat ganz viele Symptome. Man ist kurzatmig (…), wenn man nur wenige Schritte macht, merkt man schon, dass man schlecht Luft bekommt (…). Luftnot ist sehr beängstigend. Ich hatte Schmerzen beim Atmen (…), eine Entzündung des Lungenfells. Meine Werte waren dann so schlecht, dass ich nicht weitermachen konnte", berichtet Dominique Baron, Asthma-Patientin, dem BR.
Wie kann man Allergien eindämmen?
Mit Nasenduschen und Dampfbädern lassen sich Allergiesymptome kurzzeitig zu Hause eindämmen. Längerfristig kann man mit einer spezifischen Immuntherapie eine Allergie beseitigen, erklärt Traidl-Hoffmann. Aber man müsse auch Vorsorge betreiben.
Ein wichtiger Punkt ist die Neurodermitis, eine Erkrankung, welche die Haut undicht macht und die Tür für Allergien öffnet. Wir müssen Neurodermitis vernünftig und nachhaltig behandeln, um die Allergien zu stoppen, fordert die Umweltmedizinerin.
Bei Menschen mit schwerem Asthma könnte eine Antikörpertherapie mit sogenannten Biologika in Frage kommen. "Das sind Injektionen, die man in bestimmten Intervallen, zum Beispiel alle vier Wochen, bekommt, die dann nur bei einem schweren unkontrollierten Asthma, wenn alle anderen Medikamente versagen, eingenommen werden können", so Pneumologin Sarah-Christin Mavi beim BR.
Auch die vielfältige Ernährung von Kleinkindern kann deren Allergiewahrscheinlichkeit reduzieren, erklärt Traidl-Hoffmann bei der Tagesschau.
Mehr Warnsysteme und Information
"Wir brauchen Frühwarnsysteme - kombinierte Warnsysteme, für Hitze, Schadstoffe und Pollen", fordert Traidl-Hoffmann. Auch für eine Aufklärung der Menschen über Umweltgefahren und Hitzeschutzbeauftragte, zum Beispiel in Krankenhäusern, spricht sie sich aus.
Ebenso appelliert sie für einen Hitzeschutzplan, der im Notfall bundesweit gelten soll.
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