Orca-Angriffe auf Segelboote im Mittelmeer - Was steckt dahinter?

- Redaktion - Quelle: dpa
Orca-Angriffe auf Segelboote im Mittelmeer - Was steckt dahinter?
© Adobe Stock (KI)
Orcas haben in diesem Jahr bereits 84 Boote rund um Spanien. (Symbolbild)

Segelboote werden seit 2020 vor den Küsten Südwesteuropas immer wieder von Orcas zerstört. Warum nur dort und nicht in anderen Regionen der Erde? Forscher stehen vor einem Rätsel.

Wenn eine entspannte Bootsfahrt zu einem Albtraum wird, steigt schnell die Angst. Das hat jetzt auch eine spanische Familie feststellen müssen, als mehrere Orcas ihr Segelschiff im Mittelmeer attackierten und dabei ein großes Stück des Ruderblatts abbrachen. 

Orcas beißen auch in Aluminium - Angriffe nehmen zu

"Ich weiß nicht, ob diese Wale wirklich nur spielen wollten oder was auch immer, aber wenn man von einem acht Meter langen und mehrere Tonnen schweren Biest angegriffen wird, das seine Zähne in Aluminium versenken kann, bekommst du es mit der Angst zu tun", erzählte der Bootseigner der spanischen Zeitung "El Mundo". Der geplante Urlaub der Familie endete abrupt.

Was indes nicht abrupt endete, sind die Orca-Attacken auf Boote. Im Gegenteil, solche Angriffe halten an.

Der jüngste Vorfall ereignete sich am 24. Juli vor der Küste von Tarifa an der Straße von Gibraltar. Das Segelboot "Bonhomme William" sendete ein Notsignal, als es von Orcas attackiert wurde, doch als die spanischen Einsatzkräfte eintrafen, war das Boot bereits halb gesunken. Die drei Besatzungsmitglieder - zwei Briten und ein Italiener - konnten rechtzeitig gerettet werden. "Die drei Geretteten sind wohlauf, das Segelboot geht unter", meldete der spanische Seerettungsdienst auf der Plattform X.

Forscher bezeichnen Orca-Attacken lieber als "Interaktionen"

Diese Vorfälle, die Forscher lieber als "Interaktionen" bezeichnen und nicht als gezielte Angriffe sehen, waren bis vor wenigen Jahren unbekannt. Die ersten Berichte über solche Zwischenfälle kamen im Pandemiejahr 2020 auf, oft begleitet von Videos, in denen überraschte Seeleute zu hören sind.

Orcas, die bis zu zehn Meter lang und über fünf Tonnen schwer werden können, sind als größte Mitglieder der Delfinfamilie bekannt. Sie fressen Thunfische, Heringe, Robben, Pinguine und Seevögel und attackieren auch Haie, Delfine und andere Wale. Bis 2020 galten Orcas jedoch nicht als Bedrohung für Boote.

Mehrere Boote in diesem schwer beschädigt

In diesem Jahr wurden bereits mehrere Boote durch Orca-Angriffe schwer beschädigt. Trotz verschiedener Maßnahmen der spanischen Behörden, wie Fahrverbote für kleinere Boote in bestimmten Meereszonen und GPS-Tracker zur Ortung von Orcas, blieb der Erfolg aus.

Laut der Organisation "GT Atlantic Orca" (GTAO) gab es bis Ende Juni 84 solcher Interaktionen, von denen sechs Boote so schwer beschädigt wurden, dass sie abgeschleppt werden mussten. Die meisten dieser Begegnungen wurden in der Nähe der Straße von Gibraltar verzeichnet, einem Gebiet, das bei den iberischen Orcas aufgrund des reichen Thunfischvorkommens beliebt ist.

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Warum agieren Orcas in der iberischen Region so auffällig?

Forschern geben diese Vorfälle Rätsel auf, da Orcas weltweit vorkommen, aber nur in der iberischen Region solches Verhalten zeigen. Von den 34 registrierten Orcas interagieren nur 16 regelmäßig mit Booten, meist in Gruppen. Die Gründe dafür sind noch unklar. Es gibt Vermutungen, dass die Tiere entweder ein neues Verhalten entwickelt haben, das innerhalb der Gruppe nachgeahmt wird, oder dass sie auf negative Erlebnisse wie das Verfangen in einem Netz reagieren.

Es wird auch spekuliert, dass die Orcas aufgrund von Fischereiverboten, die zu einer reicheren Nahrungslage führen, mehr "Freizeit" haben und aus Langeweile mit den Booten spielen.

Umweltschützer sorgen sich um Wohl der Orcas

Während Segler und Fischer von den Behörden Lösungen und Entschädigungen fordern, machen sich Umweltschützer wie die spanische Organisation "Ecologistas en Acción" mehr Sorgen um das Wohl der Orcas. Diese stehen auf der Roten Liste der gefährdeten Arten und sind insbesondere in der Straße von Gibraltar durch den Klimawandel, Wasserverschmutzung und zunehmenden Schiffsverkehr bedroht.

López, ein Biologe der GTAO, betont, dass die Tiere nicht dämonisiert werden sollten. Er hofft, dass die Angriffe eine vorübergehende Erscheinung sind, die bald wieder verschwinden könnte. Tatsächlich deuten erste Anzeichen darauf hin, dass die Zahl der Interaktionen im Vergleich zum Vorjahr zurückgeht.

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