Menu
Login
Klima

Alarmierende Studie: Belastungsgrenzen der Erde sind größtenteils überschritten

Do 14.09.2023 | 08:00 Uhr - Melanie Probandt - Quelle: dpa

Ein internationales Forschungsteam analysiert den Zustand der Erde anhand von neun Teilbereichen. Demnach sind sechs der neun Belastungsgrenzen überschritten, teilweise deutlich.

Der Mensch nutzt zahlreiche Ressourcen der Erde - doch die Ausbeutung des Planeten erzeugt immer größere Risiken. Einer Studie zufolge sind sechs von neun sogenannten planetaren Belastungsgrenzen bereits überschritten, zum Teil deutlich.

"Die Erde ist ein Patient, dem es nicht gut geht", so Ko-Autor Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). "Wir wissen nicht, wie lange wir entscheidende Grenzen derart überschreiten können, bevor die Auswirkungen zu unumkehrbaren Veränderungen und Schäden führen."  

Die neun planetaren Grenzen

Was bedeutet überhaupt die Überschreitung einer planetaren Grenze? Demnach markiert es eine kritische Schwelle für erheblich steigende Risiken, erläutert Erstautorin Katherine Richardson von der Universität Kopenhagen:

"Wir können uns die Erde als einen menschlichen Körper vorstellen und die planetaren Grenzen als eine Form des Blutdrucks. Ein Blutdruck von über 120/80 bedeutet zwar nicht, dass ein sofortiger Herzinfarkt droht, aber er erhöht das Risiko."

Erstmals definiert wurden die planetaren Grenzen, die einen sicheren Handlungsraum für die Menschheit abstecken sollen, im Jahr 2009.

Dabei handelt es sich um neun Teilbereiche:

Sechs von neun Grenzen sind überschritten

Ein internationales Forschungsteam um Rockström und Richardson analysierte den Zustand aller neun Systeme. Deutlich überschritten sei der sichere Bereich bei der globalen Erwärmung sowie bei der Unversehrtheit der Biosphäre, schreibt das Team im Fachjournal "Science Advances" und verweist etwa auf das Artensterben und die Zerstörung von Lebensräumen.

"Neben dem Klimawandel ist die Funktionsfähigkeit der Biosphäre die zweite Säule der Stabilität unseres Planeten", sagt Ko-Autor Wolfgang Lucht vom PIK. "Und wie beim Klima destabilisieren wir derzeit auch diese Säule."

Auch interessant: Klimawandel: Diese Folgen sind bereits Realität

Überschritten sei die Grenze auch im Bereich des Einbringens neuartiger Stoffe in die Umwelt - also dem Eintrag vom Menschen erzeugter chemischer Verbindungen wie Mikroplastik, Pestiziden oder Atommüll. Nicht ganz so kritisch sei die Situation beim Verbrauch von Süßwasser, doch auch hier sei die planetare Grenzen überschritten, heißt es weiter.

Auch weitere Grenzen sind im Begriff überschritten zu werden

Derzeit noch im sicheren Bereich liegt demnach die weltweite Partikelverschmutzung der Atmosphäre, auch wenn in einigen Regionen wie etwa Südasien diese Grenze regelmäßig überschritten werde. Die Ozeanversauerung liegt nach der Definition der Forschenden gerade noch im grünen Bereich, ebenso der Ozonabbau in der oberen Atmosphäre.

Gerade aus dieser Entwicklung zieht das Team eine Hoffnung auf Besserung auch für andere Probleme: In den 1990er Jahren habe der Abbau der Ozonschicht die planetare Grenze überschritten. "Aber dank globaler Initiativen, die durch das Montrealer Protokoll erreicht wurden, wird dieser Grenzwert aktuell nicht mehr überschritten", betont Richardson.

Für die Neubewertung der planetaren Grenzen nutzte das Forschungsteam zum einen aktuelle Studien, zudem simulierte es die Entwicklung der Erde mit Modellen des Erdsystems und auch der Biosphäre für mehrere hundert Jahre in die Zukunft. Als Vergleichsbasis diente ihnen die Phase zwischen der letzten Eiszeit und dem Beginn der Industriellen Revolution.

Durch den Klimawandel verändert sich auch die Tier-und Pflanzenwelt: Tropenkrankheiten durch Insekten: Klimawandel erhöht Risiko in Europa

Lässt sich die Lage verbessern?

Wenn eine Belastungsgrenze überschritten sei, gebe es aber noch Möglichkeiten, die Lage zu bessern, betont das Team und verweist am Beispiel der Erderwärmung etwa auf Aufforstung. Eine davon bestünde, sollte die Menschheit es schaffen, den CO2-Gehalt der Atmosphäre auf 450 Teilchen pro Million (parts per million, ppm) zu begrenzen - derzeit liegt er bei 417.

Ein weiterer darin, den Bestand des borealen und des tropischen Waldes nicht unter 60 Prozent der ursprünglichen Bewaldung sinken zu lassen. So könnte die Erderwärmung deutlich gebremst werden: "Dann deutet die Simulation auf einen durchschnittlichen Temperaturanstieg über dem Land von 1,4 Grad bis zum Jahr 2100 hin", heißt es.

Allerdings halten etliche Klimaforschende das Erreichen des Zieles, die Erderwärmung im Vergleich zur vorindustriellen Phase auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, für nicht mehr realistisch.

In Sachen Klimawandel gab es in den vergangenen Wochen wieder einige Nachrichten. Europäische Skigebiete bangen um ihre Existenz, Kaiserpinguin-Küken fehlt das Eis und Waldbrände wüten auf der ganzen Welt. Was ist der Unterschied zu früher? Was das alles mit dem Klimawandel zu tun hat, erfährst du wieder bei "Dein Klima, Dein Zuhause".

P.S. Bist du auf Facebook? Dann werde jetzt Fan von wetter.com!

Teile diese Info mit deinen Freunden
Artikel bewerten
Zur News-Übersicht Klima

Empfehlungen

3-Tage-Wetter: Hier rieselt an Heiligabend leise der Schnee
Wetter 16 Tage: Ungewöhnlich milder Jahreswechsel in Europa
Weiße Weihnachten! Hier gibt es Heiligabend Schnee in Deutschland
Schon jetzt mehr als 1,6 Grad: 2024 bricht Rekorde - Experte gibt Einschätzung
Sturmflut in Hamburg - Elbe schwappt über den Fischmarkt
Goldener Bogen: Wasser und eisige Temperaturen sorgen für spektakulären Effekt
Größter Eisberg der Welt steuert nach Norden - und seinem Schicksal entgegen
Vampir-Igel und steinerne Eidechse: Hunderte Tier- und Pflanzenarten in Asien entdeckt
Tausende Tote? Zyklon CHIDO zerstört Inselgruppe Mayotte
Schwere Schäden: Seltener Tornado wütet bei San Francisco