Der meteorologische Winter geht zu Ende! Kai Zorn lässt den Super-Mildwinter Revue passieren und spekuliert schon mal über den Sommer!
Der Februar neigt sich, trotz eines schaltjährlichen Aufbäumens, unaufhaltsam dem Ende zu - und damit geht auch der meteorologische Winter zu Ende. Es war irgendwie ein komischer Winter. Hätte, hätte, Fahrradkette... Hätte es die Kaltphase im Januar nicht gegeben, wäre ein neuer Allzeitrekord wahrscheinlich gewesen. Der Allzeit-Winterrekord in Sachen Wärme aus dem Winter 2006/07 hatte ein Wintermittel von satten 4,4 Grad - und damit ein Plus von 4,2 Grad. Der aktuelle Winter hat gerade ein Plus von rund 3,5 Grad. Er wird damit garantiert unter die Top 5 kommen - seit immerhin 1761.
Nein, es war kein Jahrtausendwinter - weder warm, noch kalt. Es war ein „stinknormaler“ Super-Mildwinter wie wir ihn schon häufiger in den vergangenen Jahrzehnten hatten, beginnend in den 1970er Jahren, dann den 1990er Jahren und schließlich in den 2000er und 2010er Jahren. Super-Mildwinter waren 2013/14, 2007/08, 2006/07, 1997/98, 1994/95, die Super-Mildwinter-Truppe von 1987-90 und der einst einmal wärmste Winter aller Zeiten 1974/75 (Platz 2 derzeit mit einem Plus von 3,6 Grad.).
Mal ganz abgesehen von gerade genannten Kalibern ist dieser (Super-)Mildwinter der 3. einer Mildwinter-Serie. Wir hatten schon mehrfach darüber philosophiert, dass wir uns in einer (auslaufenden) Warmphase befinden. Der Bruch von kalt auf warm fand in der ersten Hälfte des Jahres 2013 statt, irgendwo zwischen dem Eismärz und dem Hochwasser-Juni. Der Juli 2013 mit seiner Trockenheit und beginnenden Hitze legte den Hebel um. Die Frage, die sich nun stellt: Wann wird der Hebel (wieder) in die andere Richtung umgelegt?
Die andere Richtung bedeutet ja nicht unbedingt extreme Kälte und nur ungemütliches, nasses und kaltes Wetter, sondern eine Abkehr von der teilweise extremen Milde/Wärme der vergangenen fast 3 Jahre hin zu durchschnittlichem Wetter mit mehr unterdurchschnittlichen Phasen als überdurchschnittlichen. Solche Zyklen sind ganz normal. Die gab es immer schon und die wird es auch immer geben. In der Regel dauern solche Zyklen (wärmere sind übrigens längere als kältere ;)!) rund 2 bis 4 Jahre.
Was in Kaltphasen passieren kann, zeigten beispielsweise die Winter 2008-11 mit dem Schneedezember 2010. In Kaltphasen gehören sommerliche Hitzewellen genauso dazu wie in Warmphasen kalte Winterepisoden. Nicht die einzelnen Wetterlagen sind entscheidend, sondern die gesamte Phase.
Nachdem wir lange dieselben Muster bei den Großwetterlagen hatten, sommers wie winters, erfährt die Wetterküche in der nächsten Zeit eine (beginnende) Änderung. Wir kommen weg von den sich ständig wiederholenden Süd- bis Westlagen, durch die wiederholt die wärmst möglichen Luftmassen herangeführt wurden. Das wird sich jetzt schon in den kommenden Tagen bzw. Wochen bemerkbar machen:
Das Azorenhoch, eigentlich der nördliche Ausläufer des Subtropenhochs, lag in den vergangenen Monaten nicht bei den Azoren, sondern entweder bei uns oder süd(west)lich von uns. Es ebnete den Weg für die warmen Luftmassen vom Mittelatlantik im Herbst und Winter. Im Sommer sorgte es für eine Omega-Lage, die die große und trockene Hitze möglich machte. Nun liegt das Hoch meist dort, wo es hingehört, nämlich bei den Azoren - oder zumindest in der Nähe. Und ein Azorenhoch ist, zusammen mit dem Gegenspieler Islandtief, der Taktgeber für unsere Klimazone, die westlich-maritim geprägt ist bzw. einmal war.
Schaut man sich die Wetterlage der kommenden 5 bis 15 Tage an, so fließen immer mal wieder kalte Luftmassen mit Tiefs am Rande dieses Hochs von Westen, Nordwesten und Norden her zu uns. Mal sind die Luftmassen kalt genug für Schneeschauer bis ins Flachland, mal ist so viel Atlantik-Luft im Spiel, dass es nur für Schnee in den Bergen reicht. Die sehr milde und durchweg frühlingshafte Zeit des Februars bisher ist jedoch vom Tisch.
Und nicht nur das. Ich habe mir mal wieder den „Scherz“ erlaubt und bin das Langfristmodell CFS bis September durchgegangen. So wie das Subtropenhoch vom vergangenen Sommer bis zu diesem Winter als Regisseur die Grobstruktur der Witterung bestimmte, soll das Hoch auch die Leitung in den kommenden Monaten übernehmen. Nun liegt das Hoch jedoch nicht mehr südlich von uns bzw. über uns, sondern westlich von uns mit Ablegern, die in unsere Richtung gehen. Damit werden die Luftmassen von woanders herkommen als bisher. Das werden weniger Mittelatlantik und Mittelmeer sein, sondern öfter Nordatlantik und Nordsee/Nordmeer. Und das wohl von jetzt an bis über den Hochsommer hinaus, so zumindest die Modellberechnung.
Wir sind hier natürlich in einem Bereich der absoluten Spekulation und wir dürfen das Ganze bitte nicht eins zu eins für bare Münze nehmen. Doch dürfte darin mehr als ein Fünkchen Wahrheit liegen - und außerdem: Wenn sich eine Grob- oder Grundstruktur einstellt, so heißt das nicht, dass diese tagaus, tagein jede Wetterlage bestimmt. Es bedeutet, dass eine gewisse Tendenz in eine Richtung immer und immer wiederkehrt und dich diverse Wetterlagen wiederholen.
Müsste ich jetzt haargenau diesen Ausschnitt aus den aktuellen Berechnungen des CFS wiedergeben, so ergäbe sich ein relativ „zähes“ Frühjahr mit wiederholten Rückschlägen samt Schneeschauern bis ins Flachland bis in den April hinein samt Nachtfrostgefahr. Kritiker würden jetzt (zu recht) einschreiten und behaupten: Das ist doch normal und das kann jeder sagen. Ja, ganz meine Meinung - nur: Der April hat in den vergangenen Jahren seine ihm einst einmal nachgesagte Launigkeit verloren. Der letzte April, der minimal im Minus war - vergleichen mit dem langjährigen Mittel -, liegt 15 Jahre zurück! Alle April-Monate danach waren teils erheblich zu warm, oft schon sommerlich bis hochsommerlich! Insofern wäre ein April, der einigermaßen im Rahmen des langjährigen Mittels taumeln würde, schon eine Sensation.
Übrigens würde ich auch vom März und Mai nicht allzu viel erwarten. Mich würde sogar ein leicht zu kalter März in der Statistik nicht wundern, ebenso wenig ein „nur“ durchschnittlicher Mai. Unterm Strich sieht es damit nach einem Frühjahr aus, das ziemlich nah am Mittel liegen könnte was die Temperaturen angeht. Und Mittel heißt im Volksmund meistens „kalt“.
Nun kommt sicherlich gleich die Frage über den Sommer ;)... Nein, man kann noch nichts über dem Sommer sagen, geschweige denn ihn prognostizieren. Wir können jedoch spekulieren: Nehmen wir mal an, dass das eben beschriebene Muster auch im Sommer Bestand haben würde, dann käme ein ganz brauchbarer Sommer dabei heraus, aber kein Hitzesommer wie 2003 oder 2015. NOCH sind wir - das meine ich jetzt persönlich mit meiner Einschätzung - nicht so weit, dass solche trocken-heißen Sommer mit nordafrikanischem Flair mehrmals hintereinander aufkreuzen - was ohnehin für unsere Natur und damit unsere Lebensgrundlage eine Katastrophe wäre! Nein, nein, der Sommer 2016 wird „bestenfalls“ ein guter Durchschnitts-Sommer der vergangenen 20 Jahre. Dass der Sommer 2016 sogar beim langjährigen Mittel landet oder gar darunter halte ich für fast ausgeschlossen. Wenn dem so sein sollte, erleben wir eine wahre Sensation und dass wäre dann in den Medien Top-(Ablenkungs)Thema Nr. 1.
Kommen wir zurück zur aktuellen Wetterlage und Witterung. Die kommenden rund 2 Wochen werden uns besonders im höheren Flachland und im Bergland wahrscheinlich mehr Schnee bringen als der gesamte Winter! Der schon seit Wochen anhaltende Vorfrühling erfährt einen großen Dämpfer - bedingt vor allem durch die frostigen Nächte in der nächsten Zeit. Auf der anderen Seite steigen damit die Chancen auf für sonnige Phasen. Mit diesen hat der Februar nämlich ziemlich gegeizt: Wir haben gerade einmal 46 Prozent des Gesamtmonats-Solls bis zum 22. Der Niederschlag liegt schon bei 135 Prozent!
Apropos Niederschlag. Der meteorologische Winter wird wohl, deutschlandweit gemittelt, eine Punktlandung hinlegen was den Niederschlag angeht. Und da kann ich nur sagen: Gut so! Denn die große Trockenheit aus dem Jahre 2015, die sich wie ein roter Faden durch das Jahr zog, ist damit Gott sei dank vom Tisch! Das war grenzwertig! Mit den Sonnenstunden hapert es noch. Hier wird das Soll wohl knapp verfehlt werden. Das aber nur am Rande.
Lassen Sie uns zu guter Letzt kurz auf den kommenden Montag schauen! Behalten wir diesen im Hinterkopf. In der Südosthälfte Deutschlands werden seit einigen Modell-Läufen schier abenteuerliche Berechnungen aus dem Hut gezaubert: Aktuell werden für weite Teile Bayerns und Sachsens sowie in den angrenzenden Regionen erhebliche Schneemengen mit starkem Wind berechnet - und das genau zum Berufsverkehr. Sollte das so kommen, würde das DER Schneechaos-Tag des Winters 2015/16 werden. Es sind allerdings noch 6 Tage hin und in den Wetterkarten kann viel berechnet werden. In diesem Winter hat man schon Pferde vor der Apotheke kotzen sehen, drum: Behalten Sie es im Hinterkopf. Sollten sich diese Berechnungen halten, gibt es am Wochenende natürlich Spezialberichte bei uns!
Zum Schluss eine fast schon verzweifelte Frage meinerseits an Sie: Bitte erklären Sie mir, wie man nach einem Winter, der keiner war, mit einem nahtlosen Übergang vom Herbst in den Frühling - während seit gut 4 Wochen - die Frage stellen kann: „Wann kommt endlich der Frühling?“.... (Ich schiebe es mal auf die mangelnde Sonne, denn von den Temperaturen her kann es nicht sein. Das wäre ungefähr so, wenn man im Schwimmbad schwimmt und fragt: Wann lassen die endlich das Wasser ein?!)
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