Wetter im Winter 2017/2018: Das sagen die Trends
Wie gestaltet sich das Wetter im kommenden Winter 17/18? Kai Zorn gibt seine Einschätzungen preis - Historienblick, Sonnenflecken und Königskerze inklusive.
Derzeit grassieren wieder die wildesten Theorien diverser "britischer Klimaforscher" durch die Medien mit dem Titel "Kältester Winter seit 100 Jahren im Anmarsch". Alle Jahre wieder... Nein, es kommt zu 99,9 Prozent kein kältester Winter seit 100 Jahren - warum nicht? Um solch einen Winter auf das Parkett zu legen, müssen wir einen Winter bekommen, wo durch monatelange Extremkälte der Bodensee zufriert.
Innerhalb der vergangenen 100 Jahre gab es bei uns in Deutschland einige ganz schön harte Winter. Unter anderem war da der zweitkälteste Winter seit 1761 mit einer Mitteltemperatur von minus 5,5 Grad - und das war der Winter 1962/63. Noch eisiger war der Winter 1829/30 mit satten minus 6,6 Grad. Und wenn wir noch ein wenig weiter zurück durch die Jahrhunderte blicken, taucht der Extremwinter 1708/09 auf, der mit ca. 6,7 Grad minus noch ein Stück eisiger war. Dieser Winter war so heftig, dass sogar der Gardasee zufror.
Die Winter der vergangenen 100 Jahre
Zurück zu den vergangenen 100 Jahren. Was wir in den vergangenen Jahren in den Wintern gemeinhin als kalt oder gar eisig empfunden haben, ist, verglichen mit den Streng- und Kaltwintern der letzten hundert Jahre, nichts weiter als ein kühler Furz: Der kälteste Winter dieses Jahrzehnts war der Winter 2010/11, bedingt durch den kalten Dezember, mit einem Mittel von minus 0,6 Grad. Der kälteste Winter des Vorjahrzehnts (2001-2010) war der Winter 2009/10 mit minus 1,3 Grad. Für unsere von Wärme verwöhnte Generation extrem kalt.
Die letzten richtig kalten Winter liegen lange zurück. Der Winter 1995/96 fiel zumindest in einigen Teilen Deutschlands unter die Kategorie Strengwinter mit einem Mittel von minus 2,3 Grad. Der kälteste Winter der 1980er Jahre war der Winter 1984/85 mit minus 2,5 und der der 1970er Jahre der berühmte Katastrophen-Winter 1978/79 mit minus 2,0 Grad.
Die richtig eisigen Winter gab es viel früher. Neben dem Jahrhundertwinter 1962/63 war das der Winter 1969/70 mit minus 2,8 Grad. In den 1950er Jahren schlägt der Winter 1955/56 dank seines Eis-Februars mit minus 2,3 Grad zu Buche. Eine Litanei an fiesen und eisigen Wintern finden wir in der Kriegs- und Nachkriegszeit: 1946/47: minus 4,6; 1941/42: minus 3,9; 1940/41: minus 2,8; 1939/40: minus 5,0 Grad!
Zwei eisige Gesellen gab es noch 1928/29 mit minus 4,8 und 1923/24 mit minus 2,4 Grad. (Der Form halber noch der Blick in die 1910er Jahre. Sommermäßig war dieses Jahrzehnt unterirdisch und die Winter waren fast durchgängig mild - bis auf einen. Das war der Winter 1916/17 mit minus 1,5 Grad.)
Wir müssten damit also einen Winter bekommen, der im Bereich von minus 5 Grad und weniger als Mitteltemperatur läge. Ich sage: Utopisch, nicht möglich, nahezu ausgeschlossen!
Sonnenflecken und ihr Einfluss auf das Klima
Warum? Die Forscher zitieren wiederum russische Forscher wegen der abnehmenden Sonnenintensität. Ja, es gibt Zusammenhänge zwischen Klima und Sonne und ja, es gibt Zusammenhänge zwischen gewissen Witterungsphasen und kurzfristigen Sonnenzyklen. Kältere Winter tauchen gerne im Umfeld des Sonnenflecken-Minimums auf, heiße Sommer übrigens bevorzugt nach dem Sonnenfleckenmaximum, wenn es wieder abwärts geht.
Aktuell befinden wir uns am Auslaufen des 24. Sonnenzyklus. Das Minimum wird um 2019/2020 angenommen. Schaut man sich die Zyklen Ende '17 bis aktuell an, dann sehen wir: Die meisten der eben aufgezählten Strengwinter gruppierten sich um das jeweilige Sonnenflecken-Minimum. Aus Sicht dieser Warte wäre ein kalter bis strenger Winter gar nicht mal so unwahrscheinlich. Bei genauerer Betrachtung fällt der kalte Winter 2005/06 exakt ins Minimum, ebenso das Kaltwinter-Duo 1995-97. Auch die kalten bzw. strengen Winter der Mitt80er sind hier zu finden, usw., usf.
Ivo Brück und ich haben dieses Thema mal in einem Video, das am Ende des Blogs folgt, behandelt. Wir gehen davon aus, dass eine wieder deutlich kühlere Epoche, also eine Kaltphase, spätestens nach dem Sommer 2019 losgehen wird und das die Winter um 2020 herum mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder ziemlich knackig werden. Dies sei am Rande erwähnt.
Die Sonnenflecken sind ein Parameter, aber nicht der allein Ausschlaggebende! Es sind noch viele andere Voraussetzungen für einen richtig kalten Winter erforderlich. Als aller erstes müssen wir uns in einer Kaltphase befinden. Und das tun wir derzeit nicht, noch nicht. Mit den ersten kälteren Rappeleien im Frühjahr und Herbst 2016, im Januar dieses Jahres sowie im vergangenen April sind wir schon mal vom ganz hohen Ross zwischen Sommer 2013 und Winter 2015/16 runter. Für einen Eiswinter ist das aber alles noch viel zu lasch. Das bringt nix!
Weitere Voraussetzungen für einen kalten Winter
Die erwähnten kalten und strengen Winter der vergangen 100 Jahre hatten allesamt andere Voraussetzungen. Wichtig dabei waren unter anderem ein kalter März vor dem Winter, unterdurchschnittliche Temperaturen von Mai und Juni gemittelt und ein allenfalls durchschnittlicher oder kühler September. Das trifft zwar in diesem Jahr mit dem September zu, doch da gilt wieder eine Ausschlussregel: Der September darf nicht alleine zu stark aus der Reihe tanzen. Er muss sich eher in eine durchschnittliche bis unterdurchschnittliche Witterung einbetten. Das gilt in diesem Jahr zwar für den Norden Deutschlands nach dem Gurkensommer hier, gesamtdeutsch jedoch nicht.
Wir halten bis hier fest: Einen deutlich zu kalten oder gar strengen Winter können wir damit zu 99,9 Prozent ausschließen. Also bleibt uns der Rahmen von leicht zu kalt (bis minus 0,5 Grad Abweichung) bis, wie fast immer zu dieser Zeit, supermild (mehr als 3 Grad plus). Prüfen wir supermild. Einen Supermildwinter sehe ich aktuell auch nicht.
Mehrere milde Winter in Folge
Schauen wir doch mal die vergangen Winter seit Ende der letzten Kaltphase im Sommer 2013 an. Da war der Supermildwinter 2013/14 mit 3,3 Grad, gefolgt vom Mildwinter 2014/15, der die Weichen des Hitzesommers 2015 (hauptsächlich im Süden) stellte mit einem recht kühlen Februar und einem milden Gesamtwinter von 1,9 Grad. Anschließend grätschte der nächste Supermildwinter rein (2015/16) mit 3,6 Grad. Der vergangene Winter wurde durch den kalten Januar nur leicht zu warm mit 1,0 Grad Mittel. (Das Wintermittel der Jahre 1961-90 liegt bei 0,2; das von 1988-2017 bei 1,4 Grad.)
Statistisch gesehen haben wir also 4 milde Winter hinter uns. Phasen mit so vielen milden Wintern gab es von 1998-2002 - also 5 Winter in Folge - sowie von 1992 bis 1995, 4 Winter in Folge. Streng genommen waren alle Winter von 1998 bis 1995 mild bis auf die Unterbrechung im Winter 1990/91 mit einem Mittel von 0,0 Grad.
Rein statistisch wäre bald also Schluss mit den (Super)Mildwintern oder es stünde eine Unterbrechung an, wenn es, geht man nach den Sonnenflecken, ab 2019/20 abwärts geht. Eine Variante wie 1990/91 wäre durchaus denkbar. Jetzt wird gegrübelt, wie war denn 1990/91... ;) Die Antwort lautet: Der Dezember war einigermaßen winterlich, der Januar mild, der Februar recht kalt und sehr schneereich.
Und das haben wir auch schon in diversen Videos und Kolumnen öfter besprochen: In diesem Jahr 2017 ist ein recht kalter Frühwinter wahrscheinlich, gefolgt von einem milden Kern- bzw. Hochwinter. Erst hinten raus, also dann, wenn ihn keiner mehr haben will (Februar, März 2018), kommt der Winter zurück als Spätwinter. Nach wie vor ist das für mich die wahrscheinlichste Variante.
Die Modellberechnungen zum Wetter im Winter 2017/2018
Das NOAA-Modell zeigt aktuell - wieder einmal - einen Supermildwinter, der auch noch zu nass ausfallen würde. Zynisch könnte man sagen: Es wird also trocken-kalt ;). Nein, das wäre zu böse.
So schlecht ist das Modell manches Mal nicht. Dass es im vergangenen Winter total daneben lag, liegt an "Folgefehlern". Die Wetterlagen waren teilweise richtig berechnet. Nur kommen die Modelle im Winterhalbjahr mit Hochdrucklagen samt Inversion nicht zurecht. Sie berechnen Hochdruck und milde Temperaturen und schließen daraus, dass es auch am Boden mild wird. Hier allerdings kühlt sich die Luft aus und es wird recht kalt. Der vergangene Dezember war im Süden ein Paradebeispiel dafür.
In den vergangenen Wochen bin ich immer wieder die Einzelläufe des CFS durchgegangen. Das sieht natürlich jedes Mal anders aus. Hier werden rund 9 Monate in 6-Stunden-Schritten berechnet. Selbstverständlich kann und darf man das nicht für bare Münze nehmen. Zwischen den Zeilen steckt jedoch ein Fünkchen Wahrheit, wenn immer und immer wieder Ähnliches berechnet wird.
Recht gute Chancen auf weiße Weihnachten 2017
Demnach stünden die Chancen auf winterliche Episoden bis ins Flachland von Ende November bis zum Jahreswechsel gar nicht mal so schlecht. Vielleicht gibt es dieses Jahr sogar weiße Weihnachten. Der Januar wird größtenteils atlantisch geprägt berechnet - mal mit Tiefdruckeinfluss, mal am Rande eines Hochs über dem Mittelmeer. Damit wäre ein milder bis sehr milder und vor allem schneeloser Januar wesentlich wahrscheinlicher als ein Kaliber wie Januar 2017. Erst ab Ende Januar kämen wieder kältere Wetterlagen ins Spiel. Aber auch diese brächten im Flachland wenig (nachhaltiges) Winterwetter.
Erst dann, wenn ihn keiner mehr will, kommt der Spät- bzw. Nachwinter im Frühjahr bis weit nach hinten raus. "Nicht schon wieder", werden sich jetzt viele denken. Doch...
Die Einzelläufe des CFS haben sich in den vergangenen gut zwei Wochen in eine mildere Schiene verfranzt als noch vor einiger Zeit. Da sah es insgesamt kälter aus. Für mich ein Zeichen, dass das letzte Wort bei weitem noch nicht gesprochen ist. Nichts desto trotz ist ein milder Winter nach dem Durchforsten aller Parameter die wahrscheinlichste Variante.
Auf was deuten die Naturbeobachtungen hin?
Zum Schluss noch etwas Interessantes am Rande. Natürlich ist der "Naturbeobachter" mit seiner Wetterkerze in aller Munde und er wird ja gerne zitiert. Er sieht, genau wie im vergangenen Winter, keinen Schnee.
Ein befreundeter Landwirt aus der Nachbarschaft sieht das nicht ganz so. Neben der Wetterkerze (Königskerze), die er auch "liest", wies er mich auf die Frauenkerze hin. Eine schön gelb blühende Blume. Seiner Ansicht nach wird der Winter kalt. Ich fragte ihn, wie er das meint, weil der Winter natürlich in der Natur anders gesehen wird als in korsettierten Statistiken. Er meinte, dass der Winter "hint' naus" kommt, März, April und auch noch Mai; da "kommt noch viel Kälte nach".
Fazit: Lassen Sie sich nicht bange machen vor einem etwaigen kalten Winter und machen Sie sich keine zu große Hoffnung auf einen frühen Frühling. Über einen wirklich kalten Winter reden wir dann in 2 Jahren ;)
Hier gibt's das Update von Kai Zorns Winter-Prognose 2017/18