Coronakrise vs. Klimaschutz: Ein unfairer Kampf
Aufgrund der Coronakrise ist der Kampf gegen die Erderwärmung in den Hintergrund gerückt. Klimaschützer schauen daher besorgt in die Zukunft.
Der Chef der Vereinten Nationen ist ein Freund klarer Worte. "Wir müssen entschlossen handeln, um unsere Planeten sowohl vor dem Coronavirus als auch vor der existenziellen Bedrohung des Klima-Zusammenbruchs zu schützen", forderte Antonio Guterres kürzlich.
So ähnlich dürfte er auch an diesem Dienstag klingen, wenn er per Videoschalte beim Petersberger Klimadialog der Bundesregierung spricht. Das Thema: Wie lassen sich die Milliarden und Billionen, die nun der Wirtschaft helfen sollen, auch für den Klimaschutz nutzen?
Konjunkturprogramm wird heftig umkämpft sein
Hörte man zuletzt Guterres sprechen, die deutsche Umweltministerin Svenja Schulze (SPD), Umweltverbände, Klima-Wissenschaftler, aber auch viele Unternehmen und Verbände, könnte man fast meinen, es sei schon Konsens, das "grüne Konjunkturprogramm".
Doch das täuscht: Längst zeichnet sich ab, dass politisch heftig umkämpft sein wird, wie genau die Hilfsprogramme, Investitionen und Kaufanreize aussehen sollen.
Zeitpläne zur Energiewende wackeln
Ob Kohleausstiegsgesetz oder Ausbau von Solar- und Windstrom - neben der akuten Krisen-Bewältigung ist gerade wenig Platz für andere politische Großprojekte. Auch einige wichtige EU-Klimavorhaben könnten sich verzögern, etwa die geplanten EU-Strategien für mehr Klimaschutz in der Landwirtschaft und im Verkehr. Beim zentralen Klimaschutz-Vorhaben der EU-Kommission für dieses Jahr, der Prüfung und Verschärfung des Klimaziels für 2030, will man im Zeitplan bleiben. Unter anderem die Grünen fürchten aber schon, dass der "Green Deal" in der "Mottenkiste" landen könnte.
Merkel befürwortet Klimaschutzziel
Kanzlerin Angela Merkel hat eine Befürwortung einer deutlichen Anhebung des EU-Klimaschutzziels für das Jahr 2030 verkündet. Sie begrüße Vorschläge der EU-Kommission, eine Treibhausgas-Minderung von 50 bis
55 Prozent anzustreben im Vergleich zu 1990, sagte die CDU-Politikerin am Dienstag beim Petersberger Klimadialog. Derzeit gilt ein Ziel von 40 Prozent.
Wie genau dieser "Green Deal" aussieht, erfährst du im folgenden Artikel:
Tausend Milliarden Euro Investition! EU stellt Pläne zum Klimaschutz vor
Von der Leyen für Einhaltung des "Green Deals"
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat dafür geworben, in der Corona-Krise an den Klima- und Umweltplänen der EU festzuhalten. "Wenn wir den europäischen Green Deal als Kompass nutzen, können wir aus der Krise dieser Pandemie eine Chance machen", sagte die konservative Politikerin in einer am Dienstag veröffentlichten Videobotschaft. "Unsere Chance, unsere Volkswirtschaften anders zu gestalten und sie widerstandsfähiger zu machen. Und wir können unseren Kindern diese Welt als einen besseren Ort übergeben."
Kein Rückfall in "alte umweltschädliche Gewohnheiten"
Die Corona-Krise könne man vielleicht in den Griff bekommen, sagte von der Leyen. "Aber den Klimawandel bekommen wir noch lange nicht in den Griff." Jetzt, wo Milliarden-Investitionen geplant würden, solle man nicht "in alte umweltschädliche Gewohnheiten zurückfallen" sondern aus der Pandemie lernen. Sie warb für Investitionen in erneuerbare Energien, saubere Autos und klimafreundliche Häuser. Der Green Deal werde "auch zum Motor für den wirtschaftlichen Aufschwung".
Großer Gegenwind für den Klimaschutz
In der FDP und der CDU gibt es Stimmen, die bereits beschlossene Maßnahmen in Frage stellen - etwa die Einführung des CO2-Preises auf Sprit, Heizöl und Erdgas im kommenden Jahr oder den über Monate ausgehandelten Pfad für den Kohleausstieg.
Auch Kaufprämien für Diesel und Benziner, wie sie etwa Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) oder seine baden-württembergische Amts- und Parteikollegin Nicole Hoffmeister-Kraut fordern, halten Klimaschützer für falsch - darunter auch Umweltministerin Schulze. Die AfD lehnt den Klimaschutz ohnehin ab und sieht die Krise als weiteres Argument dafür.
Gegenwind auch auf internationaler Ebene
Aber auch international wird der Kampf gegen die Erderwärmung unter Verweis auf die Pandemie in Frage gestellt - der tschechische Ministerpräsident Andrej Babis attackierte den "Green Deal" der EU, die polnische Regierung forderte Ausnahmen beim Emissionshandel, einem der wichtigsten Klimaschutz-Instrumente der EU, um Geld für den Kampf gegen die Corona-Krise frei zu machen.
Weltklimakonferenz abgesagt – Klimapläne kommen ins Stocken
Der Höhepunkt der Klima-Verhandlungen ist jedes Jahr die Weltklimakonferenz, wo zwei Wochen lang über die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens gefeilscht wird - und die Weltöffentlichkeit genau hinschaut. Die meisten Regierungen wollen sich dort in gutem Licht darstellen.
Dieser Termin fällt in diesem Jahr aus - der Gipfel in Glasgow wurde Corona-bedingt aufs nächste Jahr verschoben, Termin offen. Viele befürchten, dass das Druck vom Kessel nimmt. Wichtige Entscheidungen könnten verschoben werden, und nationale Regierungen könnten sich noch mehr Zeit lassen, wie geplant ihre neuen, verbesserten Klimaschutz-Pläne vorzulegen.
Weshalb die Coronakrise noch für unser Klima kein Segen ist, erklären wir dir hier:
Trotz niedriger CO2-Emissionen: Coronakrise als Gefahr für das Klima
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