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Klima

Jede fünfte Art in Europa ist vom Aussterben bedroht

Do 09.11.2023 | 16:30 Uhr - Redaktion - Quelle: dpa
Wichtige wirbellose Tiergruppen wie Schmetterlinge und Bienen und verschiedene Pflanzenarten sind besonders bedroht. ©Adobe Stock

In Europa gibt es Tausende von Tier- und Pflanzenarten. Forschende haben nun alarmierende Zahlen zum Zustand dieser Spezies vorgelegt. Handeln sei dringend notwendig.

Alarmierende Ergebnisse einer internationalen Studie, veröffentlicht im Fachmagazin "PLOS One", enthüllen, dass weltweit rund zwei Millionen Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht sind - eine doppelt so hohe Zahl im Vergleich zur letzten globalen Bestandsaufnahme des Weltbiodiversitätsrates (IPBES) im Jahr 2019. 

In Europa ist der Studie zufolge ein Fünftel aller daraufhin untersuchten Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben in den kommenden Jahrzehnten bedroht, Pflanzen und wirbellose Tiere sind besonders stark betroffen. 

Forscherteam untersuchte gefährdete Arten 

Das Forscherteam, um den Erstautor Axel Hochkirch vom Nationalmuseum für Naturgeschichte Luxemburg und der Uni Trier, analysierte alle 14.669 Tier- und Pflanzenarten, die Ende 2020 auf der Roten Liste für Europa verzeichnet waren. 

Das entspricht zehn Prozent aller europäischen Arten. Auf diese Liste stellt die Weltnaturschutzunion (IUCN) die Arten, deren Bestand analysiert ist. Während einige Arten nicht oder nur geringfügig gefährdet sind, sind andere bereits vom Aussterben bedroht oder sogar ausgestorben.

Wirbellose Tiere besonders betroffen

Die Forschenden analysierten alle bekannten Wirbeltierarten (Amphibien, Vögel, Fische, Reptilien und Säugetiere) Europas sowie wichtige wirbellose Tiergruppen wie Schmetterlinge und Bienen und verschiedene Pflanzenarten. 

2839 der 14.669 von dem Team untersuchten Arten, insgesamt rund 19 Prozent, sind in Europa demnach vom Aussterben bedroht. 125 Tier- und Pflanzenarten gelten bereits jetzt als ausgestorben, regional ausgestorben oder möglicherweise ausgestorben.

Heimische Pflanzen stark gefährdet

Besonders kritisch ist die Lage für heimische Pflanzen in Europa, von denen etwa 27 Prozent vom Aussterben bedroht sind. Auch bei den Tierarten sind die Zahlen alarmierend: 24 Prozent der wirbellosen Tiere und 18 Prozent der Wirbeltiere sind betroffen. Dieses Muster ist bemerkenswert, da den Wirbeltieren normalerweise mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird." Eine der wichtigsten Erkenntnisse ist, dass sich die Anzahl gefährdeter Arten über die verschiedenen Artengruppen nicht maßgeblich unterscheidet", betont Hochkirch.

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Alarmierendes Ergebnis

Experten wie Matthias Glaubrecht, Professor für Biodiversität an der Uni Hamburg, halten die neuen Daten für äußerst relevant und glaubwürdig. Er betont: "Die neue Studie zeigt erheblich schärfer und umfassender als zuvor, dass deutlich mehr Arten vom Aussterben bedroht sind. Europa ist eine jener Regionen, für die wir noch die besten Daten haben.

Wenn sich hier die Situation schon derart dramatisch darstellt, bedeutet dies, dass sich die Biodiversitätskrise in anderen, weitaus artenreicheren Regionen sehr wahrscheinlich noch deutlich brisanter darstellt - insbesondere in den nach wie vor unzureichend erforschten Tropengebieten, etwa in Asien und Afrika."

"Es gibt Arten, die wir schneller vernichten, als wir sie erforschen können"

Mit neuen Datensätzen errechnete das Team auch die Anzahl der weltweit vom Aussterben bedrohten Tier-, Pflanzen- und Pilzarten: Mit zwei Millionen ist die Zahl doppelt so hoch wie im jüngsten IPBES-Bericht aus dem Jahr 2019. Damals kam IPBES zu dem Ergebnis, dass eine Million der geschätzt acht Millionen Arten bedroht sind.

Die Verdopplung auf zwei Millionen bedrohte Arten innerhalb weniger Jahre lasse sich mit neuen und genaueren Informationen begründen, erklärt Josef Settele, Mitautor des letzten IPBES-Berichtes: "Die Studien bauen letztlich aufeinander auf und bilden damit auch den Erkenntnisfortschritt ab. Im IPBES-Bericht 2019 war ja auch eine Datenlücke erwähnt worden, deren Schließung wir uns damit weiter annähern."

Die Datenlage bleibe weiter ein Problem, schreiben die Forschenden: "Unsere Analyse zeigt einige große Wissenslücken und entsprechenden Forschungsbedarf auf." Viele Arten, vor allem unter den Wirbellosen, sind noch gar nicht beschrieben worden. Eine genaue Beurteilung des Zustandes ist oft schwierig: Gibt es in einer Region nur noch sehr wenige Exemplare, sind diese in Feldstudien kaum auffindbar. Das bekräftigt auch Glaubrecht: "Wir wissen zu wenig über alle diese Arten, um ihr Verschwinden lange überhaupt bemerkt zu haben. Es gibt Arten, die wir schneller vernichten, als wir sie erforschen können."

Das sind die Ursachen für das Artensterben

Die Ursachen für das Artensterben sind vielfältig, wobei die intensive wirtschaftliche Nutzung von Landflächen und Meeren als größte Bedrohung gilt, da sie zum Verlust von Lebensräumen führt. Auch die Übernutzung biologischer Ressourcen und durch den Klimawandel verursachte Extremwetterlagen gefährden die Artenvielfalt erheblich.

Es gibt Hoffnung - doch Handeln ist nötig 

Trotz dieser alarmierenden Situation gibt es Hoffnung. Das Team betont, dass Neuansiedlungen von Tierarten und gezielter Schutz dazu beitragen können, die Artenvielfalt zu bewahren. Es ist entscheidend, Maßnahmen zum Schutz gefährdeter Arten zu ergreifen, da die bisherigen Erfolge bei Wirbeltieren wie Schwarzstorch, Seeadler, Wanderfalke, Uhu und Fischotter zeigen, dass solche Maßnahmen wirksam sein können. 

Die Umweltstiftung WWF drängt auf verstärkte politische Unterstützung, um die Selbstverpflichtungen des Weltnaturgipfels in Montreal im Dezember 2022 umzusetzen. Dort wurde unter anderem vereinbart, bis 2030 mindestens 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresflächen unter Schutz zu stellen.

Auch bei dem von Bundeskanzler Olaf Scholz auf der UN-Generalversammlung im September 2022 gemachten Versprechen zu finanziellen Hilfen dürfe es nicht zum Wortbruch kommen, schreibt die Umweltstiftung. Scholz hatte zugesagt, dass Deutschland ab 2025 jährlich 1,5 Milliarden Euro für den internationalen Biodiversitätsschutz bereitstellen werde.

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